Immer mehr Menschen wissen mit dem Begriff „Permakultur“ etwas anzufangen. Gerade in unserer Zeit des kurzfristigen Konsums und der großflächigen Verschwendung entwickelt sich langsam eine Gegenbewegung zu dieser kurzfristigen Denkweise. Ihr Fokus ist auf echte Nachhaltigkeit gerichtet. Und wenn man sich erst einmal ein wenig mit echter Nachhaltigkeit beschäftigt, dann kommt man an den Erkenntnissen der Permakultur einfach nicht vorbei. Dabei spielt es keine Rolle, welche Art von System man nachhaltig gestalten möchte. Dies kann ein Garten genauso gut sein, wie ein Unternehmen oder eine Ehe. Alle diese Systeme sollten möglichst lange halten, dabei wenig Wartung benötigen und mit erneuerbaren Energien auskommen.

Die von verschiedenen klugen Menschen zusammengetragenen permakulturellen Gestaltungsprinzipien geben wichtige Hinweise, an was alles in diesem Gestaltungsprozess hin zu einem echten nachhaltigen System gedacht werden muss: Sinnvolle Verknüpfung von Elementen und Funktionen, Bewahrung von Energie, Selbstregulierung, Vermeidung von Abfall sind nur einige.
Damit ist jedoch noch nicht geklärt, wie der Prozess des permakulturellen Gestaltens vonstatten geht. Wo fange ich an und wie stelle ich sicher, dass nichts vergessen wird? Darum soll es in dem folgenden Artikel gehen.
Überblick
Natürlich ist dieses Problem nicht neu. Die Menschen haben sich schon sehr frühzeitig Gedanken darüber gemacht, wie sie ihre Umgebung nachhaltig gestalten. Die Terra-Preta-Böden der frühen Amazonasbewohner, die Allmende in Europa sind nur zwei Beispiele dafür. Wenn man allerdings unsere heutige Umwelt in den Industrieländern betrachtet, dann kann festestellt werden, dass wir uns von diesem Weg ganz gewaltig entfernt haben. Kurzfristiges Gewinnstreben dominiert unser gesellschaftliches sowie persönliches Handeln und die Nachhaltigkeit verkommt zu einer bloßen Floskel. Kein Wunder also, dass das elementare Wissen über echte Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft weitläufig nicht mehr vorhanden ist.
Daher ist ein übersichtlicher Fahrplan hilfreich, den man verwenden kann, um dieses alte Wissen in unsere heutige Zeit zu übertragen. Praktischerweise wurden schon Prozeduren entwickelt, welche für derartige Gestaltungsprozesse Verwendung finden können. Sinnvollerweise verläuft die Gestaltung in den folgenden sieben Phasen:
- Beobachtung
- Analyse
- Entwurf
- Umsetzung
- Betrieb
- Überprüfung
- Optimierung
Während aller Phasen wird weiterhin beobachtet, so dass die Phase der Umsetzung über die Erfahrungen beim Betrieb in eine Evaluierung des Geschaffenen übergeht und an der Verbesserung von Detaillösungen gearbeitet werden kann. Damit schließt sich im Grunde der Kreislauf wieder, weswegen ein permakulturelles System prinzipiell nicht statisch ist, sondern sich stattdessen immer weiterentwickelt. Das Ziel des Gestaltungsprozesses ist ein ganzheitliches Konzept für ein Gelände oder andere Lebensbereiche, so dass diese/s möglichst energie- und arbeitsextensiv und gleichzeitig ertragsintensiv betrieben werden kann und insgesamt ethischen Grundlagen entspricht.
Tipp: Es sollte stets klein begonnen werden, um dann organisch zu wachsen.
Die Beobachtungsphase
Die Permakultur-Gestaltung beginnt mit einem Prozess, bei dem es darum geht, mit der zu gestaltenden Umgebung oder Aufgabe eine Verbindung aufzunehmen, so dass die Gestaltung selbst eine logische Folge aus dieser Verbindung ist. Das klingt vielleicht etwas abstrakt, bedeutet aber nichts weiter, als dass man zunächst das Gestaltungsobjekt in möglichst all seinen Facetten kennenlernen und verstehen muss, bevor man mit einem Entwurf – und sei er auch nur im Kopf – beginnt.
Bei der (Um)Gestaltung eines Landstücks zu einem Permakulturgarten werden bspw. folgende Informationen benötigt:
– Informationen zur Fläche
o Historie
o vorhandene Flora/Fauna
o soziale Strukturen
o Geländeausrichtung und -struktur
o Bodenverhältnisse
o Wasser
o Klima/Mikroklima
o Problemstellen
o Feuergefahr
o Windverhältnisse
o Sektoren
o Nachbarn
o Ressourcen
o natürliche Muster
– Informationen zum Betreiber der Fläche
o Werte und Ziele
o Hindernisse
o finanzielle Möglichkeiten
– Informationen über die möglichen Kostenfaktoren, bspw.
o Zeit
o Erde
o Wasser
o Arbeit
o Geld
o Nährstoffe
– Informationen über beobachtete Erfahrungen
o von Anwohnern/Vorfahren
o aus anderen Entwürfen
Die Analysephase
In dieser Phase werden die gesammelten Informationen strukturiert und bewertet. Dabei werden sie z.B. nach Kriterien wie „wichtig“ und „weniger wichtig“ im Hinblick auf die Erreichung der Ziele eingeordnet. Welche der Informationen ist ein Vorteil und welche ein Nachteil? Oft ist es in diesem Zusammenhang erforderlich, dass man sich noch weitere Informationen bspw. zur Bestimmung der gefundenen Flora und Fauna besorgen muss. Wie können diese einen Nutzen für den Garten/das System darstellen? Diese Frage kann man nur beantworten, wenn man weiß, welche Pflanze oder welches Tier man vor sich hat.
Hilfreich ist es auch, wenn man sich die Funktionen notiert, welche die Fläche bereitstellen soll. Im Fall eines Permakulturgartens könnten das zum Beispiel die Folgenden sein:
– Lebensmittel
– Energie (für Heizung und/oder Transport)
– Windschutz
– Sichtschutz
– Wildniszone
– Be- bzw. Entwässerung
– Futter
– Einkommen
– etc.
Im Anschluss daran ordnet man die aus der Beobachtungsphase bekannten und im System bereits vorhandenen Elemente den Funktionen zu, welche die Fläche bereitstellen soll. Eine vorhandene Wildobsthecke kann bspw. Sicht- und Windschutz bereitstellen und Lebensmittel liefern, ein Feuchtbiotop speichert Wasser, stellt Lebensraum für Nützlinge bereit, beeinflusst das Mikroklima etc.
Die Elemente, welche die gewünschten Funktionen unterstützen, werden herausgearbeitet, ebenso die Elemente, welche nicht förderlich für die beabsichtigten Ziele sind. Eine Übersicht der Produkte, Bedürfnisse, Aktivitäten und anderer Qualitäten der jeweiligen Elemente ist auch sehr nützlich. Für das „Element“ Huhn in einem Permakultursystem würde das etwa so aussehen:
Produkte | Bedürfnisse | Aktivität | Andere Qualitäten |
– Eier – Dünger – Federn – Kücken |
– Nachtlager – Futter – Wasser – Kalk – Sand |
– scharren – gackern – im Sand baden – brüten |
– fressen Schädlinge – verwerten Küchenabfälle – bereiten den Boden für Beete auf |
Wichtig ist, dass man sich auch der Änderungen im Verlauf der Jahreszeiten bewusst wird. Ohne eine aussagekräftige Datengrundlage kann keine sinnvolle Platzierung der Elemente (bspw. Beete, Kompost, Hütte…) im Garten stattfinden. Das führt u.U. dann dazu, dass eine Hütte an einer Stelle gebaut wird, an welcher der fruchtbarste Boden vorzufinden ist. Das ist nicht nur ärgerlich sondern eine Verschwendung von nicht kurzfristig erneuerbaren Ressourcen.
Es sollten so viele Informationen wie möglich über die Fläche und das Umfeld zusammengetragen werden. Je mehr Informationen vorliegen, umso fundierter können die weiteren Entscheidungen getroffen werden. Allerdings sollte man sich auch nicht der Illusion hingeben, dass alle Varianten erkannt werden können.
Nicht vergessen werden sollte, aussagefähiges Kartenmaterial zu sichten, die Nachbarn zu befragen, nach ggf. erforderlichen Genehmigungen zu forschen und auch die Situation flussaufwärts bzw. hinter dem Gartenzaun zu prüfen. 😉
Die Aufbereitung der Informationen ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. So empfiehlt es sich, die vorhandene Flora und Fauna gleich in eine Karte des Geländes einzutragen. Gleiches bietet sich für die Gebiete an, in denen die Einflüsse bspw. von Wasser, Wind und Sonne besonders wirksam sind. Andere Informationen werden zunächst in Listen notiert, um sie für den nächsten Schritt verwenden zu können.
Die Entwurfsphase
Die Entwurfsphase beginnt, sobald die Gestaltenden mit dem Projekt, der Umgebung,… „verbunden“ sind. In dieser Phase wird auf der Grundlage der gesammelten Informationen und mit Unterstützung der Gestaltungs- und der Ethikprinzipien eine Gestaltung entwickelt, die den Bedürfnissen aller entspricht. Die drei Ethikprinzipien der Permakultur lauten:
– sorge für die Natur
– sorge für den Menschen
– begrenze dich selbst
Die Gestaltungsprinzipien der Permakultur wurden erstmalig von Bill Mollison wie folgt definiert:
– Arbeite für etwas, statt gegen etwas.
– Das Problem ist die Lösung.
– Kleinste Veränderungen haben große Wirkungen.
– Die innere Vorstellungskraft ist begrenzt, nicht der Ertrag eines Systems.
– Jeder gärtnert und nimmt Teil an unserer Umwelt.
Diese wenigen aber griffigen Sätze beschreiben eine sehr allgemeine aber doch ganzheitliche Herangehensweise an den Gestaltungsprozess. David Holmgren, der mit Bill Mollison die Idee zum Aufbau langfristig ertragreicher landwirtschaftlicher Systeme gemeinsam entwickelte, hat seine eigenen Gestaltungsprinzipien formuliert, die einen praktischeren Ansatz vermitteln wollen:
– Beobachte und handle.
– Fange Energie ein und bewahre sie.
– Fahre eine Ernte ein.
– Funktionalität geht vor Ästhetik.
– Schränke dich ein und lass die Natur sich regulieren.
– Nutze erneuerbare Ressourcen.
– Produziere keinen Abfall.
– Gestalte zuerst das Ganze, dann die Details.
– Integrieren ist besser als zerteilen.
– Bevorzuge einfache und langsame Lösungen.
– Nutze und schätze die Vielfalt.
– Nutze die Randzonen und schätze das Marginale.
– Reagiere auf Veränderungen mit Kreativität.
Ich erwähne die Ethik- und Designprinzipien hier nur der Vollständigkeit halber, da man sie während des gesamten Gestaltungsprozesses in Erinnerung behalten sollte. Man könnte zu jedem Prinzip eine eigene Abhandlung schreiben, was jedoch den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Zu diesem Thema gibt es ein kostenloses PDF von David Holmgren, welches hier in deutscher Sprache heruntergeladen werden kann.
Das Ziel der Gestaltung ist eine sinnvolle Verknüpfung aller Funktionen und Elemente miteinander zu einem ganzheitlichen permakulturellen (Garten)System.
Oberstes Prinzip ist dabei, dass jedes Element so ausgewählt und platziert wird, das es möglichst mehrere Funktionen/Aufgaben erfüllt und jede wichtige Funktion durch mehrere Elemente sichergestellt wird. So wird vermieden, dass bei Ausfall eines Elements eine wichtige Funktion des Systems nicht mehr erfüllt werden kann und das Gesamtsystem zusammenbricht.
Wenn zum Beispiel die Versorgung mit Lebensmitteln allein aus der Fläche sichergestellt werden soll, dann werden im Entwurf mehrere Elemente in ausreichender Menge benötigt, um diese wichtige Funktion auch bei widrigsten Bedingungen sicherstellen zu können. Wie auf einer vorgegebenen Fläche der eigene Nährstoffbedarf mit Obst und Gemüse auf permakulturelle Art und Weise gedeckt werden kann, wird in diesem PDF von Christian Moesenbichler sehr gut beschrieben.
Um die Gestaltung übersichtlich aufzubereiten und die richtige Position aller gewünschten Gestaltungselemente zu bestimmen, gibt es auch wieder mehrere Hilfsmittel, die der Permakulturist nutzen kann, z.B.
– Karten mit Daten-Überlagerung zur Darstellung unterschiedlicher Betrachtungsebenen
– Sektorierung zur Darstellung der Energien von außerhalb des Systems (Wind, Sonne..)
– Zonierung nach Nutzungsintensität der einzelnen Gebiete von Zone 0 (Haus) bis Zone 5 (Wildniszone)
– Flussdiagramme zur grafischen Darstellung von Ressourcenflüssen
– etc.
Ist ein stimmiger Entwurf gefunden, kann mit der Umsetzungsphase begonnen werden.
Die Umsetzungsphase
In dieser Phase wird zweckmäßigerweise ein Plan aufgestellt, aus dem hervorgeht: Wer macht was und wann? Im Einzelnen sollten die Verantwortlichen benannt werden, die bis zu einem bestimmten Termin etwas Konkretes erledigt haben sollen. Dabei wird klein begonnen und das System langsam vergrößert.
Die Betriebsphase
Die vorangegangene Phase der Umsetzung geht nahtlos in den Betrieb über. Es sollte immer beachtet werden, dass es sich im Falle eines Gartens um ein lebendes Ökosystem handelt, welches einem ständigen Wandel unterliegt. In einem permakulturellen System gibt es immer irgendein Detail, welches verbessert werden kann. Bill Mollison formulierte es so: Nur die Vorstellungskraft ist begrenzt, nicht der Ertrag eines Systems.
Daher sollte der Betrieb einem andauernden Lernprozess beinhalten, um aus Beobachtung und auch Fehlern eine Verbesserung des Systems zu erreichen.
Die Überprüfungs- und die Optimierungsphase
Diese beiden Phasen können nicht wirklich voneinander getrennt werden. Auch eine strenge Abgrenzung zur Betriebsphase dürfte in der Praxis nur schwer erkennbar sein. In all diesen Phasen wird das System auf die Frage hin untersucht, was funktioniert und was nicht. Elemente, welche funktionieren werden ggf. kopiert und die, welche nicht in das System hineinpassen, werden wieder entfernt. So wird das Gesamtsystem schrittweise immer weiter verbessert und optimiert. Im Verlauf der Zeit wird weniger Zeit und Energie benötigt, um ausreichende Erträge zu generieren.
Abschließende Bemerkungen
Natürlich kann dies nur ein grober Überblick sein. Um eine gute permakulturelle Gestaltung umsetzen zu können, sind überdies noch viele weitere Kenntnisse jenseits der Permakultur im engeren Sinne hilfreich und notwendig, bspw. Kenntnisse in Biologie, Geologie, Tierhaltung aber auch in Soziologie, Psychologie und außerdem viele praktische Fertigkeiten. Selbstredend, dass ein einzelner Mensch unmöglich über all dieses Wissen und diese Fertigkeiten verfügen kann. Daher ist es umso wichtiger, dass sich mit steigender Komplexität der Aufgabe, Menschen mit unterschiedlichen Stärken zusammenschließen und ihre jeweiligen Fachgebiete unter zusätzlicher Beachtung der Permakultur in den Gestaltungsprozess mit einbringen. Die Gestaltung einer Kräuterspirale kann durchaus auch von einer Einzelperson vernünftig umgesetzt werden. Die permakulturelle Gestaltung eines Stadtviertels oder gar einer ganzen Region erfordert dagegen die Beteiligung einer Vielzahl von Menschen, wobei jeder dieser einzelnen Menschen ein spezielles Fachgebiet und das Wissen über die Permakultur mit einbringt.
Wer weitere Informationen sucht, dem empfehle ich die Bücher von Bill Mollisson, insbesondere das „Handbuch der Permakulturgestaltung“ (übersetzt und veröffentlicht von der PIA). Aber selbst dieses Buch mit seinen 640 Seiten wird noch nicht alle Fragen beantworten können. Daher hier ein kleine Auswahl an weiteren Büchern in deutscher Sprache, welche ich für eine zusätzliche Lektüre empfehlen kann:
Gerda Kleber/Eduard W. Kleber, Gärtnern im Biotop mit Mensch
Alexander Heil, Der Paradiesgarten – Essbare Stauden selbst angepflanzt
Masanobu Fukuoka, Rückkehr zur Natur
Masanobu Fukuoka, In Harmonie mit der Natur
Graham Bell, Permakultur praktisch
Herwig Pommeresche, Humussphäre
Erhard Henning, Geheimnis der fruchtbaren Böden
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